Militarismus

Seine Majestät erklären dem Prinzen Ludwig von Bayern die feindlichen Stellungen. (Olaf Gulbransson, Simplicissimus, September 1909)
Bild von: www.simplicissimus.info
Wie ernst, wie ehrerbietig man sich damals dem Militär gegenüber verhielt, ist gut und unterhaltsam aus den Simplicissimus-Karikaturen der Zeit zu erkennen. »Simpel«-Zeichner und ‑Texter geißelten den Militärwahn mit ätzender Ironie – zum Beispiel mit diesem Titelbild, das auch im »Spiegelkasten« (Seite 63) beschrieben ist:

Durchs dunkelste Deutschland. 14. Sankt Leutnant. Außer dem höchsten Wesen finden sich in diesem Lande auch Heilige, die göttliche Verehrung genießen. (Zeichnung von Th. Th. Heine, 1904)
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Einen ähnlich hohen gesellschaftlichen Status konnte erlangen, wer den Reserve-Offizier, also eine militärische Laufbahn parallel zu einer bürgerlichen Karriere anstrebte. Da fiel vom Glanz der Uniform immer noch genügend ab, und man konnte einen ordentlichen Beruf ausüben, Geld verdienen und eine Familie gründen. Zur Pflege und Beförderung der Karriere gab es militärische Übungen, Treffen im Kreise der anderen Reservisten – heute würde man vielleicht einem Golfclub beitreten, oder den Rotariern.