Unterlassene Kritikleistung
Neulich schrieb mir eine österreichische Literaturkritikerin, direkt bedauernd, sie habe mit dem Spiegelkasten gar nichts anfangen können. Zu sperrig, wohl eher was »für Männer«, alles schonmal dagewesen, wer Remarques »Im Westen nichts Neues« gelesen habe, brauche keine Weltkriegsromane mehr. Darüber könnte man diskutieren: das eine Buch, das alle anderen überflüssig macht? Wer braucht noch tragische Liebesgeschichten – for never was a story of more woe / Than this of Julia and her Romeo? – Jedenfalls glaube sie, dazu keine hilfreiche Rezension für ihre Leser/innen verfassen zu können.
Wie auch immer: Ich finde ihre Haltung nobel. Besser als ein Verriss aus schlechter Laune. Ein vegetarischer Gastronomiekritiker (falls es sowas gibt), sollte nicht gezwungen werden, über Wiener Schnitzel schreiben.
Und ich finde ihre Haltung nachvollziehbar: Ich kann auch nicht mit jedem Buch etwas anfangen, aber sofort wieder mit dem Lesen aufhören. Was nicht bedeutet, dass es schlecht ist. Halt nix für mich.